VorwortIch hatte nie vor, mir einen Neuwagen zu kaufen. Doch als 2021 für meinen alten rostigen Diesel die Hauptuntersuchung anstand und klar war, dass er diese nicht ohne erheblichen Reparaturaufwand bestehen würde, reifte in mir langsam die Erkenntnis, dass nicht jedes Fahrzeug erhaltenswert ist ;-) Der Gedanke, beim Umstieg auf ein E-Auto mit der Photovoltaikanlage quasi meinen eigenen Sprit erzeugen zu können war außerdem sehr verlockend. Gebrauchtwagen waren damals allgemain überteuert und gebrauchte Elektroautos aufgrund der Förderung und des knappen Angebots teilweise teurer als ein entsprechendes Neufahrzeug. Da ich kein Vermögen in ein Auto investieren wollte, das zwangsläufig in einigen Jahren technisch veraltet sein würde, entschied ich mich - auch aufgrund der versprochenen Lieferzeit - für einen noch halbwegs erschwinglichen Kleinwagen, nämlich einen Opel Corsa. Dieser hatte serienmäßig einen einphasigen 7,2 kW Onboard-Charger, was ziemlich gut zu den Leistungsdaten meiner PV-Inselanlage passte. | ||||||||||
WarnungBevor ich nun auf einige technische Details eingehe, muss ich darauf hinweisen, dass die hier beschriebene Anlage mit teilweise lebensgefährlichen Spannungen arbeitet. Also bitte nicht nachmachen, wer nicht ganz genau weiß, was er tut! Stromstärken jenseits von 100 A, wie sie beim Laden und Entladen des Batteriespeichers auftreten, erfordern außerdem besondere Sorgfalt bei der Verkabelung, damit es insbesondere an Verbindungsstellen zu keinen Übergangswiderständen mit hohem Schmorbrandpotential kommt. | ||||||||||
Wallbox im EigenbauWer sich einmal genauer mit der Funktionsweise einer AC-Wallbox befasst, wird feststellen, dass diese im Grunde sehr simpel ist und keine teuren Komponenten benötigt. In erster Linie muss eine Wallbox, oder allgemeiner ein Electric Vehicle Supply Equipment (EVSE), ein einfaches Steuersignal (Control Pilot) erzeugen und die Ladebereitschaft des Fahrzeugs anhand eines Widerstandswerts erkennen. Bei gegebener Ladebereitschaft wird einfach die normale Netzspannung von 230 Volt mit einem Relais durchgeschaltet. Genaueres ist z.B. bei Wikipedia nachzulesen. Einem Elektronikbastler wie mir widerstrebt es, für ein so einfaches Gerät um die 1000 Euro auszugeben, was eine Wallbox im Jahr 2022 etwa kostete. Außerdem hatte ich recht genaue Vorstellungen davon, wie der Ladestrom in Abhängigkeit von Solarleistung und anderen Parametern geregelt werden sollte. Ich wollte ungern auf eine teure proprietäre Lösung setzen, die dann womöglich meinen Anforderungen gar nicht gerecht wird. | ||||||||||
Sonne tanken an der Insel-SolaranlageEigentlich könnte die Sache sehr einfach sein: Man schalte einige Solarmodule in Reihe, so dass sich eine Leerlaufspannung von etwa 500 V ergibt. Dann könnte man diese direkt mit dem Akku des E-Autos verbinden und es würde sich ein Ladestrom entsprechend der Sonneneinstrahlung einstellen. Schwankende Lichtverhältnisse wären kein Problem. Leider ist aber die zum Starten eines DC-Ladevorgangs nötige Kommunikation mit dem E-Auto kompliziert und nicht frei verfügbar dokumentiert. Darum entschied ich mich für den Umweg über einen Wechselrichter, um das Auto mit Wechselstrom zu laden. Hieraus ergibt sich allerdings die Notwendigkeit eines Puffer-Akkus, da der dem Auto signalisierte erlaubte Ladestrom nicht beliebig klein werden darf (min. 6 A) und der On-Board-Charger (OBC) des Fahrzeugs den Ladestrom vermutlich auch nicht beliebig schnell variiert. Der Puffer-Akku erlaubt außerdem in gewissen Grenzen ein zeitversetztes Laden des E-Autos, Denn ein prinzipielles Problem des Ladens mit Solarstrom ist natürlich, dass es nur tagsüber möglich ist. Zur autarken Solar-Ladestation gehören, wie in Bild 1 illustriert, folgende Komponenten:
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Pufferakku und WechselrichterBei meiner Anlage kommt ein Hybrid-Wechselrichter mit integriertem Laderegler zum Einsatz, welcher sich zusammen mit fünf parallel geschalteten LiFePO4-Akkus im Keller unseres Einfamilienhauses befindet. Der Wechselrichter ist ein relativ preiswertes Fabrikat, das sich "Alpha Outback Energy SPCIII-7200-48" nennt, aber auch unter anderen Namen vertrieben wird. Hinsichtlich Effizienz ist das Gerät sicher nicht die erste Wahl, aber dafür lassen sich allerlei Messwerte sehr einfach über eine serielle Schnittstelle abfragen. Der Wechselrichter erhält genaue Informationen über den Ladezustand der Akkus über eine RS-485-Verbindung. Diese nutzt er, um ggf. bei voll geladenen Akkus deren Ladung zu beenden. Da jeder der fünf Akkublöcke sein eigenes Battery Management System (BMS) besitzt, existieren zunächst auch fünf Werte zum Ladezustand (State of Charge, SOC). Bild 2 zeigt, wie diese im Verlauf von etwa drei Tagen verlaufen und stellenweise etwas auseinanderdriften. Insgesamt besteht aber eine gute Übereinstimmung und der Gesamtladezustand wird hier einfach durch Mittelwertbildung bestimmt. | ||||||||||
Von der Set-Top-Box zur Wallbox
Für den Bau der Wallbox benötigte ich natürlich ein Gehäuse, das sich für die Montage
an der Garagenwand eignet. Hierfür opferte ich einen ausgedienten Pay-TV-Decoder mit
stabilen Metallgeäuse, in dessen Deckel ich Aussparungen für die Bedienelemente und
eine Anzeige fräste.
Das Herzstück meiner Wallbox bildet eine Microcontroller-Platine, die mit einem ATMEGA8
sowie einer Matrix aus 10 x 12 LEDs bestückt ist. Sie stammt aus einem Ping-Pong-Spiel-Bausatz,
der um 2010 z.B. bei Conrad Electronic erhältlich war. Diese Platine lässt sich
sehr gut für eigene Projekte verwenden, wie bei ELO beschrieben.
Die Ansteuerung der LED-Matrix belegt bereits den Großteil der vorhandenen I/O-Ports des
ATMEGA8. Durch eine kleine Modifikation der Platine konnte ich einen davon einsparen, so
dass schließlich noch genügend Ports für Bedienelemente, Lautsprecher, Strommessung sowie
Kommunikation mit Fahrzeug und Wechselrichter verfügbar waren.
Für eine genaue Zeitbasis sorgt ein 12 MHz-Quarz, von dessen Frequenz sich sowohl das PWM-Signal
für die Verbindung zum Fahrzeug als auch der Takt für die serielle Schnittstelle
(2400 Baud) mit Hilfe der programmierbaren Timer des ATMEGA8 exakt ableiten lassen.
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BedienungDie Bedienung meiner Wallbox erfolgt über ledigleich einen Taster und einen Drehregler. Nach dem Einschalten startet bei genügend hohem SOC des Pufferakkus nach kurzer Verzögerung direkt der Ladevorgang. Optional können aber durch die Einstellung weniger Parameter verschiedene Nutzungsszenarien abgedeckt werden:
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Software
Das Steuerprogramm der Wallbox ist in C geschrieben und wird mit dem avr-gcc für den
ATMEGA8-Microcontroller compiliert. Der Chip verfügt lediglich über 8 KB Programmspeicher
und 1 KB RAM, so dass mit den Ressourcen sparsam umgegangen werden muss.
Auf die Verwendung von Gleitkommaberechnungen habe ich ganz verzichtet.
Zur Programmierung des Flash-Speichers des Microcontrollers
verwende ich das Tool avrdude und einen sehr einfachen Adapter für den Parallelport des (Linux-)PCs.
'Q', 'P', 'I', 'G', 'S', 0xB7, 0xA9, '\r' Der Wechselrichter antwortet mit einer Reihe von Werten als ASCII-Text, z.B.(000.0 00.0 229.7 50.0 1562 1549 021 361 49.40 000 091 0036 00.0 000.0 00.00 00012 00010110 00 00 00000 010Dd Man kann die Bedeutung einiger Zahlen schnell erraten, findet aber auch leicht entsprechende Dokumentation im Internet. Da der Empfang der Datenpakete bei 2400 Baud etwa eine halbe Sekunde in Anspruch nimmt, wird die Übertragung ggf. abgebrochen, falls ein wichtigeres Ereignis eintritt, insbes. wenn ein Tastendruck festgestellt wurde. |
Falls Sie genauere Informationen zu diesem Projekt erfahren möchten oder ein ähnliches Projekt umgesetzt haben, würde ich mich über eine Nachricht freuen (